Mein Begleiter Dennis hatte eigentlich schon einen ausführlichen Reisebericht über die Rumänienreise bei DSO im letzten Jahr veröffentlicht. Aber ich möchte hier und heute noch ein kleines Thema daraus aufgreifen. Wir befinden uns in der Region Maramures ganz im Nordenwesten Rumäniens. Die Region Maramures, bzw. der Landkreis Maramures ist bei Touristen relativ bekannt, startet doch die Wassertalbahn, eine mit Dampfloks betriebene Schmalspurbahn, im Ort Viseu de Sus in das enge Wassertal. Diese bei Touristen sehr beliebte Ausflugsbahn haben wir zwar mal kurz besucht, sind aber nicht mitgefahren, da man einen ganzen Tag einplanen muss. Anfänglich haben wir 3 Tage in der Region geplant und hofften auf den Holzzug, von welchem wir immer wieder Bilder im Internet fanden. Holzwagen waren an der Verladestelle in Leordina vorhanden, also müsste er wohl fahren, die Auskunft des Fahrdienstleiters und seiner hübschen Gehilfin in Leordina brachten aber keine Erkenntnis, bzw. wir bekamen die Fahrtzeiten der wenigen Reisezüge, wie schon so oft im Südosten Europas. Jeden Tag verließen wir unser Hotel in Viseu de Sus und schauten nach dem Holzzug, aber es tat sich nichts. Wir schrieben einen Fotokollegen aus flickr an, welcher viele Bilder des Zuges eingestellt hatte und er meinte Donnerstag oder Freitag. Doch auch da fuhr er nicht. Wir zogen also dann irgendwann weiter, da wir noch einiges offen hatten, doch dann 3 Tage vor unserem Ende des Urlaubs schrieb er uns, dass die Loks rauf nach Viseu de Jos gefahren sind und er morgen sicher fahren würde. Yessss! Blöd nur, dass wir gerade in einer komplett anderen Ecke des Landes waren und wir für die Nacht schon das Hotel gebucht hatten… Wir waren in Miercurea Ciuc und die Fahrt nach Leordina würde gut 5 Stunden für die etwa 300 Kilometer dauern, eine Autobahn gibt es auf dieser Route nicht. Wir haderten mit uns und wir haben uns dafür entschieden, was wir nicht bereut haben. Früh um 4 Uhr ging es los, dass wir noch genug Puffer hatten, der Holzzug sollte etwa um 10 Uhr in Leordina starten.
Doch zunächst eine kurze Übersicht zur Strecke:
Die Strecke 409 führt von Salva hoch in den Norden nach Viseu de Jos (das ist der eigentliche Bahnhof, Viseu de Sus liegt an einer Zweigstrecke und wird nicht mehr angefahren) und führt weiter nach Valea Viseului wo es mal einen Grenzübergang in die Ukraine gab. In Valea Viseului müssen die Züge nach Sighetu Marmatiei Kopf machen. Der Fahrplan der Personenzüge war zum Zeitpunkt als wir da waren satte 2 Züge von Salva in den Norden nach Viseu de Jos bei Tageslicht und 2 Zugpaare zwischen Viseu de Jos und Valea Viseului. Zwischen Valea Viseului und Sighetu Marmatiei gab es etwas mehr Verkehr aber den Streckenabschnitt haben wir nicht besucht, da die Strecke relativ unzugänglich ist.
Noch kurz zu den Personenzügen der Strecke:
Am Vormittag kommt von Dej über Salva der erste bei Tageslicht verkehrende Reisezug, bestehend aus einem Wagen und am 25.08.2019 von 65-1019 bespannt über eine der großen Brücken bei Romuli gefahren. Er wird in Viseu de Jos mit dem Zug aus Valea Viseului vereinigt.
Der Vormittagszug aus Valea Viseului nach Viseu de Jos hier bei der EInfahrt in den aufgelassenen Bahnhof Petrova, dessen Signale noch stehen aber ausgekreuzt sind.
In Viseu de Jos werden beide Zuggarnituren aufwändig zusammengehängt und nach Valea Viseului gefahren. In Valea Viseului werden beide Züge wieder getrennt, einer fährt nach dem Kopf machen direkt weiter nach Sighetu Marmatiei während der andere in Valea Viseului eine gute Stunde wartet bis es auch für ihn nach Sighetu Marmatiei geht. Hier steht der zweite Zug bespannt von 62-1095 in Valea Viseului. Hinten die Berghänge liegen bereits in der Ukraine.
Der Nahverkehrszug am Abende von Salva nach Viseu de Jos war für uns immer ein ziemliches Wolkenlotto und nur einmal hat es geklappt. Hier auf einer Brücke bei Dealu Stefanitei. R4110 wird von der 60-1156 befeuert.
Doch nun zurück zum Holzzug! Wir fuhren um etwa 4 Uhr los! Viel zu früh. Aber was muss das muss! Ich war wie den gesamten Urlaub als Hauptfahrer eingeteilt und hielt durch. Die Freude war es welche mich wach hielt und ob es heute wirklich klappt. Eine weitere Chance haben wir nicht, übermorgen geht der Flieger in die Heimat!
Wir kamen in Leordina heil an. Das war schonmal gut! DIe Ankunft passte auch gut zum Vormittagszug nach Viseu de Jos, den konnten wir gerade noch an der Ausfahrt Leordina mitnehmen. Ich habe mich nicht speziell so aufgestellt weil es schnell gehen musste, aber man sieht schön das Einfahrsignal und die Ausfahrsignale beider Richtungen, wobei das in Richtung Valea Viseului einen Schaden haben musste, wir haben es nie eingeklappt gesehen. Und ganz wichtig: Der Holzzug steht auch im Bahnhof!
Wir trafen am Bahnhof David, unseren Infogeber, er ist extra aus Ungarn angereist. Und da stand er, majestätisch! Erfuhrchtsvoll gingen wir mal rüber auf die Lichtseite um ein Standbild zu machen. Er stand da! Wir haben innerlich ein riesiges Volksfest gefeiert. Endlich hat es geklappt, endlich fährt er! und endlich auch keine Wolken am Himmel! Was sollte da noch schief gehen?
Wir quatschten kurz mit David, meist geht es um etwa 10 Uhr los, es war jetzt 09:21 Uhr. Nach einem kurzen Plausch hatten wir vor eine Stelle zu suchen, an welcher das Licht passt. Wir warteten kurz hinter Leordina, der Personenzug aus beiden Garnituren von Viseu de Jos nach Valea Viseului kam irgendwann und wir hofften dass es danach losgeht. Doch ernüchternde Nachricht von David – Motor aus. Mist! Das Licht wird hier immer spitzer und so recht viel mehr gibts hier nicht – halt! Die riesige Formsignalgruppe in Viseu de Jos, da müsste das Licht doch immer besser werden? Und sonst gibt es da auch keinen Zug passend. Also fuhren wir mal voraus.
In Viseu de Jos stand dann 60-0765 in alter Lackierung gerade gut im Licht. Kurz darauf wurde sie angeschmissen. Es kam auch die Nachricht, dass der Holzzug gerade losgefahren ist. 60-0765 wird ihn durch die Berge über Sacel nach Dealu Stefanitei schieben.
Und kurz darauf senkten sich hinten an der Einfahrt auch die Schranken. 60-1259 befördert den langeersehnten Holzzug an den vielen Formausfahrsignalen in Viseu de Jos vorbei. Ein kurzer Betriebshalt zum aufnehmen der Schiebelok verschaffte uns einen Vorsprung über lange und kurvige Strecke bis wir wieder Zugang zur Bahn haben.
Bei Iza haben wir mal ein tolles Viadukt gefunden, unser eigentlich auserkorenes Motiv hatte leider schon kein Seitenlicht mehr. Von der Straße aus hatten wir diesen Blich auf den Holzzug.
Wir fuhren hinterher, nur ein paar 100 Meter weiter bereits kurz vor Sacel hatten wir die Fuhre schon wieder und wir nahmen noch ein Bild auf einem weiteren Viadukt mit. Die beiden Loks hatten mit den etwa 20 Wagen gut zu kämpfen und fuhren relativ langsam.
Da der Zug so langsam war versuchten wir nochmals die Einfahrt zum Bahnhof Sacel, es klappte obwohl die Zufahrt etwas versteckt und ein nicht allzu guter Feldweg war. Der Zug fuhr durch, nahm Anlauf für einen weiteren Anstieg, wir beeilten uns nach Dealu Stefanitei aber wir hätten auch einen wesentlich weiteren Weg als der Zug, ein LKW vor uns in den Serpentinen machte uns wenig Hoffnung.
Doch der Zug war noch nicht im Bahnhof. Ich fuhr mal an die Einfahrt, die stand und die Schranken waren auch unten. Das Motiv passte sogar. Der Holzzug von Leordina fuhr ein! Nie im Leben hätte ich darauf gewettet, dass wir die Einfahrt noch schaffen, trotz LKW.
Der Bahnhof macht eine etwa 90 Grad-Kurve. Wir fuhren mal rum und fotografierten den Zug beim Absetzen der Lok, da kam dann auch schon die Schiebelok daher, sodass auch nochmals ein Bild mit dieser klappte. Anschliessend fahren beide Loks zurück nach Sacel um dort den zweiten Zugteil abzuholen.
Das Lokpersonal machte dann aber erstmal gut eine Stunde Pause. Dann setzte sich 60-0765 in Bewegung und rangierte die Holzwagen. Hier im Anschluss des Holzhändlers wurden noch letzte Stämme auf die Wagen geladen. Wir bekamen aber erstmal Stress, es sei Privatgelände und wir sollen die Bilder löschen. Der junge Herr konnte perfekt englisch und forderte uns auf die Bilder zu löschen. Wir drückten auf den Kameras rum, klickten aber nur weiter, damit gab er sich zufrieden, fragte aber dennoch nach warum wir Bilder machen, wir erklärten es ihm, aber ob er es so verstanden hatte? Er meinte wir wären von einer NGO (No Goverment Organisation) und wollten ggf. illegalen Holzabbau aufdecken… Aber so sind wir doch nicht und können daher dieses tolle Bild präsentieren.
Vorne am Bahnhof wartete derweil die Zuglok 60-1259 während die Schiebelok die Wagen aus dem Anschluss zieht. Gleich geht es mit dem zweiten Teil los!
Wir fuhren David hinterher, das Licht stand schon recht spitz am Tunnelportal auf welchem wir standen aber der Blick in die Berge ist fantastisch. Auf diesem Bild finde ich erkennt man besonders gut die Ähnlichkeit zur schweizer Ae6/6, von deren Konstruktion die 060DA abstammt.
Danach hätte wohl noch die Ausfahrt aus Dealu geklappt, aber David hatte unsere Astschere und der kam von seinem Standort ewig nicht. Hab ich schon erwähnt, dass wir eigentlich das Hotel für diesen Abend in Predeal gebucht hatten? Von Hier aus wären es zwar nur gut 300 Kilometer gewesen, aber für die hätten wir gut 5 Stunden gebraucht. Wir gingen gemeinsam mit David noch lecker essen und luden ihn ein, denn er hatte uns fast den gesamten Trip mit Infos zu Güterzügen versorgt. Welch ein Service!
Thank you David, for the many informations about the freight trains!
Bis Predeal schafften wir es dann nicht mehr um etwa 23:30 Uhr fuhren wir in Targu Mures auf dem Hotelparkplatz ein, ich war gänzlich platt, das geplante Hotel in Predeal konnten wir glücklicherweise stornieren und anstatt zwei Nächte wurde es nur eine beehrt.
Naja um das Bild aus Dealu ist es im Nachhinein sehr schade, wäre es im schönen Abendlicht gewesen, aber wir sind dennoch absolut zufrieden und froh, dass wir diesen Horrortrip von Miercurea Ciuc nach Leordina gemacht haben, aber es hat sich für uns absolut gelohnt!